Verdener Gespräch: Insektenfreundliche Gärten

Jetzt, Mitte März, ist es endlich soweit – es wird Frühling und die Natur erwacht wieder. Wir freuen uns über die ersten Blüten der Schneeglöckchen und Krokusse. Das Meer von Krokussen im Allerpark sieht doch wirklich schön aus. Einigen juckt es in den Fingern, wieder im Garten aktiv zu werden, anderen macht es viel Spaß den Vögeln zuzusehen, die jetzt besonders aktiv sind. Schmunzelnd kann man beobachten, wie es da zugeht im Gerangel um die Reviere und Brutplätze. So ein Vogelleben scheint ziemlich stressig zu sein.
Nur wenn man den Spaß bei Seite schiebt, muss man feststellen: Ja, die Vögel haben Stress, und nicht nur sie. Viele Tierarten sind in ihrer Existenz zunehmend bedroht, weil die Nahrungsketten nicht mehr funktionieren. Pflanzenschutzmittel wie das Totalherbizid Glyphosat wirken nicht nur bei sogenannten Schadkräutern, sondern tötet flächendeckend den gesamten Wildkrautbewuchs ab. Und genau darin liegt das Problem – mit der nahezu vollständigen Vernichtung aller Kräuter und Gräser wird nicht nur die Vielfalt der Pflanzen stark reduziert, sondern als Folge gehen auch alle an diese vielfältigen Lebensräume gebundenen Arten wie z.B. Insekten verloren. Und das wiederum macht den Vögeln Stress, weil ihnen damit die Nahrungsgrundlage entzogen wird. Sie schaffen es nicht ihren Nachwuchs satt zu kriegen und damit groß zu ziehen. Vor dem gleichen Problem stehen auch z.B. die Fledermäuse.
Aber nicht nur die Tierwelt leidet. Der Insektenrückgang und damit auch der Bienenrückgang führen zu erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen, weil rund 80 Prozent aller europäischen Nutzpflanzen auf die Bestäubung ihrer Blüten durch Insekten angewiesen sind. Gute Bestäubung unserer Kulturpflanzen ist eine Grundvoraussetzung für eine gesunde Landwirtschaft und damit unsere Nahrungsmittelversorgung, denn ohne Bestäubung gibt es keine Früchte und die Erträge auf den Äckern gehen zurück. Das hat zur Folge, dass viele Nahrungspflanzen wie z.B. unser Obst knapper und damit teurer werden.
In den politischen Gremien der Stadt sind in der Vergangenheit immer wieder Grüne Anträge mehrheitlich verabschiedet worden. So sollen jetzt grundsätzlich bei allen Neuanpflanzungen auf den städtischen Grünflächen heimische Bäume, Sträucher und Stauden zum Einsatz kommen. Im Außenbereich sollen die gemeindeeigenen Wegeränder in voller Breite zurückgewonnen werden und unter ökologischen Gesichtspunkten entwickelt werden. Ziel dieser Anträge ist es, Pflanzen zu fördern, die hier heimisch sind und von daher Lebensraum für viele Tierarten bieten und zur Gesunderhaltung des Naturhaushaltes beitragen, denn alle Maßnahmen zur Erhöhung der Menge, Vielfalt und Verteilung von Blütenpflanzen fördert die Artenvielfalt. Ein kontinuierliches Blütenangebot vom frühen Frühling bis in den Spätsommer ist dabei von entscheidender Bedeutung.
Einen großen Anteil der Freiflächen in der Stadt machen die privaten Gärten aus – und damit schließt sich der Kreis zu den im Frühjahr juckenden Fingern der Hobbygärtnerinnen und -gärtner. Oft steht man vor dem reichhaltigen Angebot an Gartenpflanzen und Sämereien und kann sich nicht so recht entscheiden. Vielleicht macht die Frage nach dem ökologischen Beitrag der Pflanze die Entscheidung leichter. Ist die Pflanze eine Nektarquelle? Oder ein Vogelnährgehölz? Blütenreiche und insektenfreundliche Gärten lassen sich auf einfache Weise gestalten und ein Blick auf die Pflanzenetiketten und eine Beratung durch das Verkaufspersonal kann einen Beitrag dazu leisten, den ökologischen Wert einer Gartenfläche ohne Mehraufwand zu erhöhen. Nebenbei sind es oftmals gerade heimische Pflanzen, die hier am besten gedeihen und damit den Gartenbesitzern auch weniger Arbeit und Kummer bei der Pflege bereiten. Dem Artenschutz völlig entgegen wirkt der aktuelle Trend, Beete großflächig mit Kies abzudecken. Für eine pflegeleichte Gartengestaltung gibt es Alternativen. Mit sogenannten Bodendeckern, also sich flächig ausbereitenden Pflanzen, können z.B. Beete ebenfalls sehr gut abgedeckt werden und die Fläche geht als Lebensraum für den Naturhaushalt nicht verloren. In jedem Garten gibt es ein fast unerschöpfliches Potenzial, um etwas Gutes für die Insekten zu tun.
Übrigens: Der Betriebshof der Stadt Verden setzt seit einigen Jahren keine Pestizide mehr ein. Mit bestem Beispiel wird gezeigt, dass die Pflege der städtischen Flächen giftfrei funktioniert. Ein tolles Vorbild!
Johanna König, Mitglied der Verdener Stadtratsfraktion