Verdener Gespräch: Der Ausbreitung industrieller Mastanlagen entgegentreten

Massentierhaltung im großen Stil dringt immer mehr in unseren Landkreis ein. Drei Mastanlagen der Superlative wurden im kurzem Abstand beantragt: der bereits gebaute Maststall für 1344 Schweine in Achim-Bollen, die Hähnchenmastanlage für 100000 Tiere in Etelsen-Giersberg und nun die Mastfabrik für 6000 Schweine in Thedinghausen. Ausgehend von den Großschlachtereien und Fleischverarbeitungsbetrieben in den Landkreisen Cloppenburg und Weser-Ems breiten sich Großmastbetriebe entlang der Autobahnen nach Osten aus.

Immer größer, immer industrieller wird die Fleischproduktion. Mit Landwirtschaft hat das nichts mehr zu tun. Die Äcker dienen nicht mehr in erster Linie dem Futteranbau, sondern der Gülleentsorgung, mit den bekannten Auswirkungen auf das Grundwasser. Maismonokulturen verdrängen vielfältige Feldfrüchte, denn Mais verträgt viel Gülle und wird als Futter verwendet. Und bei Anlagen in dieser Größe sind Konflikte zwischen den Landwirten und den von Belastungen betroffenen Menschen vorprogrammiert. Denn die Emissionen von Gestank und Staub werden immer stärker und der LKW-Versorgungsverkehr belasten die Wohngebiete.

Der Landkreis Verden ist zu dicht besiedelt, als dass Großmastbetriebe konfliktfrei integriert werden könnten. Und doch befindet sich die Kreisverwaltung als Genehmigungsbehörde scheinbar in einer aussichtlosen Lage. Recht und Gesetz legen ihr enge Fesseln an uns lassen kaum Spielraum für die Entscheidung. Im Außenbereich der Gemeinden müssen die Tiermastfabriken genehmigt werden, sofern nicht zwingend öffentliche Interessen entgegenstehen oder die Belastungen für die Menschen in der Nachbarschaft die gesetzlich zugelassenen Grenzwerte überschreiten. Und die artgerechte Haltung der Tiere oder die Tiergesundheit spielen schon gar keine Rolle im gesetzlich geregelten Genehmigungsverfahren, wie uns die Erörterung der Einwendungen gegen den Etelser Mega-Hähnchenstall am vergangenen Montag lehrte. Hier ist der Gesetzgeber gefordert.

Aber es gibt auch mutige Landräte, die aus der Not der Probleme zu weitergehenden Rechtsauslegungen greifen als üblich. Landrat Hermann Bröring aus dem Landkreis Emsland wagte es, das Baugesetzbuch wörtlich zu nehmen und zu fordern, dass es im Brandfall „möglich sein muss, Mensch und Tier zu retten“. Und sowohl das für das Baurecht zuständige niedersächsische Sozialministerium als auch das mit dem Brandschutz befasst Innenministerium stärken ihm den Rücken, Rettungskonzepte für die Tiere zu fordern. Die Kreisverwaltung in Verden dagegen sieht keine Chance für die Rettung der Hähnchen in der beantragten Etelser Mastanlage. Denn viele große Fluchttore sind im Stallkonzept nicht vorgesehen und es ist nicht sicher, dass die Tiere den Weg durch Tore nach außen finden würden. Unsere Kreisverwaltung meint, hier die Umsetzung des Gesetzes nicht fordern zu können, wohl weil es für den Betreiber der Anlage zu schwierig und zu teuer ist.

Darum haben wir Grünen im Kreistag einen Antrag eingebracht, der die Kreisverwaltung auffordert, dem Beispiel des Landkreises Emsland zu folgen und die weitergehende Rechtsauslegung umzusetzen. Und in der von allen Parteien gewünschten Resolution des Kreistags gegen „Tierhaltung in industriellem Maßstab“ gehen wir weiter und weisen auf die Verantwortung der Bundesregierung hin, die gesetzlichen Voraussetzungen für das Genehmigungsverfahren zu ändern, um die zunehmenden Konflikte zu entschärfen. Wir fordern eine Änderung des Bundesbaugesetzbuches, um die Privilegierung industrieller Fleischproduktion im Außenbereich abzuschaffen und den Kommunen Regelungsmöglichkeiten zu geben. Und wir fordern höhere Standards für den Tierschutz in der Viehhaltung. Von der Landesregierung erwarten wir eine stärkere Überwachung der Tiergesundheit bei bestehenden Anlagen, da immer wieder aufgedeckte Skandale die Notwendigkeit schärferer Kontrolle belegen.

Die Grünen im Landkreis Verden setzen auf artgerechte, umweltschonende und bäuerliche Landwirtschaft. Wir werden der Ausbreitung industrieller Großmastbetriebe entgegentreten, wo wir können.

Axel Eggers, Achim, Mitglied der Grünen Kreistagsfraktion