CDU-Umfrage zum Wolf: Ängste statt Fakten
Mit großer Bestürzung nehmen wir die scheindemokratische Gestaltung der Umfrage des CDU Kreisverbands Verden mit dem Titel „Wie viel Wolf möchten Sie?“ wahr.
Die Bürger*innen in politische Prozesse einzubeziehen, ist richtig. Allerdings muss man das dann auch richtig machen. Dabei sollten Fragen nicht so gestellt werden, dass mit ihnen Stimmungen erzeugt und Ängste geschürt werden.
Zudem lässt sich die Umfrage mit geringem technischen Aufwand ohnehin von jeder Person beliebig oft und mit beliebigen Angaben zur Gemeinde, dem Alter oder dem eigenen Geschlecht wiederholen. Daher kann sie kein repräsentatives Ergebnis haben.
Zum Inhalt: Einleitend heißt es bei der CDU: „Immer häufiger kommt es zu Rissen von Weidetieren, obwohl sie durch staatliche geförderte Herdenschutzzäune als ausreichend gesichtert gelten. [sic!]“. Wertet man die Wolfs-Rissdaten-Tabelle der Niedersächsischen Landesjägerschaft (Stand 31.08.23) aus, so lässt sich feststellen, dass bei allen im Kalenderjahr 2022 aufgelisteten Fällen nur bei etwa 15% die zwei entscheidenden Bedingungen zutreffen: die Angriffe sind gesichert auf Wölfe zurückzuführen und ein als ausreichend bewerteter Grundschutz war vorhanden. Die Formulierung der CDU lässt zwar eine andere Lesart zu, legt aber vorrangig die Deutung nah, es seien alle gerissenen Weidetiere inzwischen durch Herdenschutzzäune gesichert.
Oder nehmen wir als zweites Beispiel die Frage: „Glauben Sie, dass für Sie und Ihr Umfeld (Familie/Tiere) eine Gefahr vom Wolf ausgehen kann?“ Diese Frage ist vor allem durch das letzte Wort „kann“ sehr offen gestaltet. Unter bestimmten Umständen kann alles eine Gefahr darstellen. Zudem wird nach dem Glauben gefragt. Und das Erwähnen der Familie und der Tiere weckt den Beschützerinstinkt und weitere Emotionen. Fragt man die Menschen beispielsweise, ob sie Angst vor Spinnen haben, werden auch viele zustimmen. Ein Zusammenhang mit der tatsächlichen Gefahr, die von den Tieren ausgeht, besteht aber nicht.
Hier versucht die CDU mit der schon im Märchen geschürten und kulturell leider tief verankerten Angst vor „dem bösen Wolf“ ein wissenschaftlich widerlegtes Bedrohungsszenario heraufzubeschwören.
Ja, Wölfe sind Wildtiere. Allerdings meiden sie Menschen. Kommt es dennoch zur Begegnung mit einem Wolf, hilft es, Abstand zu halten, sich groß zu machen und Lärm zu erzeugen. Das vertreibt die Tiere.
Wir sind sicher, dass die an der Umfrage interessierten Bürger*innen im Landkreis Verden spielend weitere Sätze finden, mit denen verzerrend oder einseitig informiert und dadurch manipuliert wird.
All das ist der Kreis-CDU sicherlich bewusst. Aber statt auf Wissenschaftlichkeit und Fakten setzt sie auf eine Umfrage, die gar nicht geeignet ist, eine gültige Aussage zu treffen. Sie setzt auf Glauben und Gefühle. Sie versucht Stimmungen zu erzeugen und betreibt Meinungsmache, statt die Meinungsbildung zu fördern. Solch ein Verhalten erschreckt uns zutiefst, weil es zur Destabilisierung der Demokratie beiträgt. Das Erstarken populistischer Mächte sollte der CDU eine Warnung sein. Stattdessen werden deren Methoden kopiert. Wir hoffen, dass die CDU im Kreis Verden ihr Handeln überdenkt und die Umfrage zurückzieht.
Auf Landesebene hat sich erst vor wenigen Tagen das Dialogforum Weidetierhaltung und Wolf zum zweiten Mal getroffen. Beteiligt sind hier 25 verschiedene Verbände aus Naturschutz, Jagd, Vieh- und Landwirtschaft im Gespräch mit Umweltminister Meyer und Agrarministerin Staudte. Zusammen setzen sich die Beteiligten für eine möglichst konfliktarme Organisation eines gesunden Wolfsbestands und der Weidetierhaltung ein. Im sachlichen Dialog werden gemeinsam Lösungen erarbeitet. Das ist der richtige Weg.
Podiumsdiskussion zum Thema Wolf
Deshalb begrüßen wir sehr, dass der NABU im Kreis Verden am Montag, dem 09. Oktober eine Podiumsdiskussion zu diesem komplexen Thema organisiert hat. Im Rathaus Langwedel diskutieren ab 19.00 Uhr Frank Fass (Wolfcenter), Helmut Habermann (Nds. Landvolk und Pferdeland Niedersachsen GmbH), Helmut Dammann-Tamke (Präsident der Landesjägerschaft) und Dr. Holger Buschmann (NABU). Schon die Besetzung des Podiums zeigt, dass es hier nicht um Einseitigkeit geht. Ganz anders als es bei der Umfrage der CDU der Fall ist.