Kreisverkehr bei Gieschens Hotel

Presseerklärung
Betreff: Diskussion zum Umbau der Kreuzung Gieschen zu einem Kreisel.
Mit Erstaunen hat die Fraktion von Bündnis90/ DIE GRÜNEN die, überwiegend von Kreiselgegnern dominierte, öffentliche Diskussion zu diesem Thema verfolgt. Begonnen, mit einem Leserbrief vom ehemaligen Bremer Verkehrsplaner Volkrat Stampa, steigerte sich die Diskussion zu ihrem Höhepunkt bei der vorgezogenen Bürgerversammlung im Achimer Rathaus, am 24.3.2009.
Nachdem die Aussage der Planer dass ein Kreisel die optimale Lösung für diesen Verkehrsknotenpunkt sei die Bürger nicht überzeugte, hielt der Fraktionsvorsitzende Michael Schröter es für nötig weitere externe Meinungen zum Thema Verkehrssicherheit von Kreiseln zu sichten. Dazu wurden 4 Fachaufsätze zu diesem Thema beschafft.(siehe Aufstellung am Ende)
Sehr schnell wurde dabei klar, das die Aussage von Hr. Stampa über die Unfallgefährdung an Kreiseln unseriös ist. Hr. Stampa hatte beispielhaft den Rückbau des großen zweispurigen Kreisels in Bremen Nord und den Stern in Bremen benannt. Beide Kreisel zählen aber aufgrund der Größe und des Verkehrsauf­kommens nicht zu den kleinen Kreisverkehrsplätzen (26 bis 35m Durchmesser), wie der in Achim geplante, deshalb können sie nicht miteinander verglichen werden.
In krassem Gegensatz zu den in Achim veröffentlichten Meinungen, stehen auch die Aussagen von Passanten an existierenden Kreiseln in Interviews von Haller, Lange, Alrutz und Stellmacher-Hein. Dort machten die Fußgänger die folgenden Aussagen.
„Die befragten Fußgänger :

      haben an Kreisverkehrsplätzen selten Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern,
      fühlen sich überwiegend (70%) sicherer bei der Benutzung des Kreisverkehrsplatzes,
      halten die auftretenden Wartezeiten für akzeptabel,
      empfinden den Kreisverkehr nicht als Umweg,
      halten den Kreisverkehrsplatz mehrheitlich (80%) gegenüber einem Knotenpunkt für die bessere Lösung un
      sind ganz überwiegend (90%) mit dem Kreisverkehrsplatz zufrieden.“

Offenbar glauben aber viele Achimer, dass die bestehende Lösung nicht verbesserungswürdig ist. Dafür sprechen auch die Aussagen, mit denen viele Lokalpolitiker konfrontiert wurden, etwa :“ Wenn nach dem Umbau ein Unfall geschieht, dann haben Sie die Schuld.“ Tatsächlich würde diese direkte Verantwortung für Unfälle aber im Umkehrschluss auch bedeuten , dass Verwaltung und Politik auch dann schuld sind, wenn wegen eines nicht erfolgten Umbaus der Kreuzung ein Unfall passiert. So wurde beispielsweise in der Untersuchung von Spahn/Bäumler ermittelt, dass an Lichtzeichenanlagen mit Grünpfeil-Schild verhältnismäßig viele Senioren (älter als 65 Jahre) verunglücken.
Sehr ernst zu nehmen ist allerdings die Kritik vieler Bürger, dass der Rad und Fußgängerverkehr zu den Stoßzeiten dieser Verkehre (Schulbeginn / Schulschluss) nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.
Im Aufsatz von Professor Dr. Ing. Karajan (FHfT Stuttgart) wir dazu gesagt:
„Auch bei relativ gering belasteten Knotenpunkten (DTV< 15.000 Kfz/24 h) können zeitweise extrem hohe Fußgänger- und Radverkehrsströme (Schulschluss, Veranstaltungen…) über einzelnen Knotenpunktästen auftreten, die sich in Spitzenstunden mit dem motorisierten Individualverkehr überlagern und zu bedeutenden Rückstauerscheinungen in diesen Zeitbereichen führen. Aufgrund dieser negativen Wirkungen ist zu befürchten, dass der Umbau einer signalisierten Kreuzung zu einen Kreisverkehr weder von den Verkehrsteilnehmern noch von den Entscheidungsträgern akzeptiert würde.“
Nachdem wir uns in der Grünen Stadtratsfraktion intensiv mit dem Thema Kreisel Gieschen befasst haben, kommen wir zu dem Schluss, dass die folgenden Gründe für den Kreisel sprechen:
er wird aller Voraussicht nach mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer bringen,
die im Achimer Generalverkehrsplan prognostizierte zukünftig Überlastung der Kreuzung wird abwendet,
die Feinstaub- und Abgasbelastung, sowie der Lärmpegel sinken.
Die Wartezeiten für alle Verkehrsteilnehmer werden kürzer.
Die bisherigen Untersuchungen berücksichtigen die zeitweise hohen Fußgänger- und Radverkehrsströme zu Schulbeginn/ Schulschluss nicht ausreichend. Hier muss nach gebessert werden.
Wir haben erkannt, dass die Öffentlichkeitsarbeit von Verwaltung, Ingenieurbüro und Politik zu diesem Thema bisher nicht gut war. Deshalb stellen wir den beigefügten Antrag, der die Verwaltung auffordert, auch in diesem Punkt nachzubessern.
Da wir aus Gründen des Urheberrechts die o.g. Artikel nicht veröffentlichen dürfen, zitieren wir hier die Schlussbemerkungen / Zusammenfassungen:
1.„Wie sicher sind Kreisverkehrsplätze“ von Prof. Dr. Ing. Bösel.
Erschienen in Straßenverkehrstechnik 7/2006
„Kreisverkehrsplätze gelten als leistungsfähig und besonders verkehrssicher. Diese Aussage beruhte bisher auf einzelnen lokalen Erfahrungen oder auf allgemeinen Vermutungen. Die Untersuchungen des Unfallgeschehens an Kreisverkehrsplätzen in Außerorts- oder Ortsrandlage auf bayrischen Straßen hat diese Vermutung bestätigt. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die Wahrscheinlichkeit einen Unfall zu erleiden, als auch die Unfallschwere geringer sind als bei vergleichbaren Kreuzungen und Einmündungen. Weiterhin lässt sich feststellen, dass durch die entsprechende bauliche Ausbildung eines Kreisverkehrsplatzes das Unfallgeschehen noch verbessert werden kann.“
2. „Sicherheit von Kreisverkehrsplätzen und Lichtzeichenanlagen in Bayern“ von Dipl. Ing. Volker Spahn und Gerald Bäumler von der Autobahn Direktion Südbayern. Erschienen in Straßenverkehrstechnik 7/2007
„Die durchgeführten Unfalluntersuchungen weisen darauf hin, dass Kreisverkehre unabhängig von der Ortslage klar sicherer sind als Lichtzeichenanlagen (an einbahnigen Straßen). Das Risiko für einen Unfall ist bei den untersuchten Kreisverkehrsplätzen ca. halb so groß wie an Lichtzeichenanlagen. Darüber hinaus ist die Unfallschwere bei Kreisverkehren deutlich niedriger. So ist die Wahrscheinlichkeit, im Falle eines Unfalls am Kreisverkehr tödlich zu verunglücken, dreimal geringer als bei einer Lichtzeichenanlage. …
… An den untersuchten Lichtzeichenanlagen mit Grünpfeil-Schild (VZ 720) bzw. Nachtausschaltung konnte kein höheres Risiko festgestellt werden. Jedoch stieg die Unfallschwere bei Lichtzeichenanlagen mit Nachtausschaltung in den beiden Stunden vor Mitternacht erheblich.“
3.„Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radfahrern an kleinen Kreisverkehrsplätzen“ von. Dr. Ing. Wolfgang Haller, Dipl. Ing Dankmar Alrutz und Dipl. Geogr. Jörg Stellmacher Hein.
Erschienen in Straßenverkehrstechnik 10/1999
( Wobei Dr. Haller zum von der Stadt Achim beauftragten Planungsbüro gehört)
„Auf der Grundlage einer Forschungsarbeit zur Führung von Fußgängern und Radfahrern an kleinen Kreisverkehrsplätzen mit Untersuchungen an 46 Knotenpunkten über einen Zeitraum von 172 Unfalljahren können wichtige Erkenntnisse zur Verkehrssicherheit und zum Verkehrsverhalten an kleinen Kreisverkehrsplätzen abgeleitet werden.
Kleine Kreisverkehrsplätze sind für den Radverkehr eine sichere Lösung. So weisen Sie gegenüber den am ehesten vergleichbaren Einmündungen an nicht lichtsignalgesteuerten Knotenpunkten bei der Radwegeführung eine erheblich geringere Unfalldichte auf. Auch ergeben sich für Radfahrer an Kreisverkehrsplätzen nur selten Konflikte oder Behinderungen. Kleine Kreisverkehrsplätze sind deshalb nicht nur für den Kraftfahrzeugverkehr, sondern auch aus Sicht der Radfahrer eine empfehlenswerte Knotenpunktform.
Die sicherste Führungsform ist die bevorrechtigte Führung auf Radwegen die mit 2 bis 4 m abgesetzt über den Knotenpunktarm geführt werden sollen. Allerdings ist auch die Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn dann eine sichere Lösung, wenn durch die Entwurfsausbildung in den Zufahrten eine gute Akzeptanz des Mischverkehrs erreicht werden kann, da diese sonst bei hohen Verkehrsstärken deutlich schwindet.
Kleine Kreisverkehrsplätze sind auch für Fußgänger unabhängig von der Verkehrsstärke sichere Verkehrsanlagen. Trotz einer in der Praxis bei Überquerungsstellen ohne Fußgängerüberweg unklaren Vorrangregelung treten auch dort keine Konflikte und Behinderungen insgesamt nur selten auf. Zur Verbesserung der Qualität des Verkehrsablaufes für Fußgänger wird empfohlen, künftig innerhalb bebauter Gebiete immer Fußgängerüberwege anzulegen, zumal die Verkehrssicherheit damit erheblich gesteigert wird und außerdem Furtblockaden für Fußgänger und Radfahrer wesentlich seltener auftreten.
Insgesamt bestätigen die Untersuchungsergebnisse die sehr stark positiven Auswirkungen von kleinen Kreisverkehrsplätzen auf die Verkehrssicherheit und unterstreicht die gute Akzeptanz dieser Knotenpunktform bei allen Verkehrsteilnehmern.
4.Kreisverkehrsplätze. Vor- und Nachteile gegenüber Knotenpunkten mit Lichtsignalanlagen'
Karajan, Rolf H. (Verfasser), S. 201-206 Ingenieurblatt für Baden-Württemberg vereinigt mit der Baumeisterzeitung Baden-Württemberg; 4 (2000)
Die Im Rahmen mehrerer Untersuchungen an kleinen Kreisverkehrsplätzen innerorts und außerorts nachgewiesenen aktuellen Leistungsfähigkeitswerte und die möglichen Leistungsverbesserungen durch die Bypass-Regelungen zeigen, dass die kleinen Kreisverkehrsplätze stündliche Belastungen von ca. 2500 bis 3000 PKW-E/h bei ausreichender Verkehrsqualität abwickeln können.
Die Dargestellten Untersuchungen und die Beispiele der Praxis dokumentieren die bedeutenden Vorteile von kleinen Kreisverkehrsplätzen bezüglich der
– Verkehrssicherheit
– Leistungsfähigkeit
– Wirtschaftlichkeit
gegenüber signalisierten Knotenpunkten.
Verantwortliche Planer sollten vor der Wahl des Kreisverkehrsplatzes qualitative Abschätzungen und quantitative Berechnungen durchführen und nachweisen, ob sich die dargelegten Vorteile auch im speziellen Einzelfall einstellen werden. Je nach Lage des Knotenpunktes im Außerorts- oder Innerortsnetz, je nach den verkehrlichen Bedingungen der Nachbarknotenpunkte, der vorhandenen Streckencharakteristik und der künftig zu erwartenden Verkehrsbelastungen im KFZ-, Rad- und Fußgängerverkehr kann ein Umbau zu einem Kreisverkehr auch Nachteile bewirken, die durch Anordnung einer Signalisierung vermieden werden könnten.
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