Angesichts der seit Monaten die Schlagzeilen beherrschenden Finanz- und Schuldenkrise rücken manche Themen scheinbar in den Hintergrund, die aber nicht minder schwerwiegend, in mancher Hinsicht sogar bedrohlicher sein mögen. Dazu gehört der globale Klimawandel und das Unvermögen der Menschheit, diesen zumindest einzudämmen. So hatte vor einigen Tagen die Meldung „Zwei-Grad-Ziel ist kaum mehr zu erreichen“ in den Online-Medien eine Halbwertzeit von nur wenigen Stunden. Die dahinter steckende Wahrheit hingegen hat für die gesamte Menschheit brutale Folgen – und zwar für Jahrtausende. Politisch gibt es weltweit große Einigkeit, dass es nötig ist, die globale Erwärmung auf 2° C zu begrenzen. Eine Temperaturerhöhung über 2° gegenüber dem aktuellen, schon vergleichsweise hohen Stand, würde das Klima in einen Bereich bringen, wie er seit mehreren hunderttausend Jahren nicht existiert hat. Wenn es gelänge, das 2-Grad-Ziel einzuhalten, wären zahlreiche Folgen der globalen Erwärmung bestenfalls gemildert, nicht aber abgewendet. Die Gletscherschmelze wäre ebenso wenig gestoppt wie der Anstieg des Meeresspiegels. Zynisch gesagt: das 2°-Ziel ist für Millionen von Menschen eine Katastrophe, für manche Inselstaaten der Untergang und für Tausende der sichere Tod – aber noch nicht für den gesamten Globus. Um zumindest dieses Ziel zu erreichen, müssten die weltweiten Treibhausgas-Emissionen bis 2050 um mindestens 80-95% sinken. Die Emissionsreduktion muss im Laufe der 2010er Jahre einsetzen, ansonsten besteht keine realistische Aussicht mehr, das 2-Grad-Ziel einzuhalten.
In zwei Wochen findet in Durban/Südafrika die 17. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention statt. Das Ziel der Bundesregierung und der Europäischen Union für den weiteren internationalen Klimaschutzprozess ist der Abschluss eines umfassenden rechtsverbindlichen Klimaschutzabkommens für die Zeit nach 2012, das den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau begrenzt. Aber: die Prognosen, dass ein solcher globaler Beschluss gelingt, stehen nicht gut. Noch schlechter lauten die jüngsten Erkenntnisse zur tatsächlichen Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen. Die Chancen auf Erreichung des 2°-Ziels sind also alles andere als gut. Wenn sich der Trend fortsetzt, sind die Folgen auch für Europa und Deutschland dramatisch: Sommer mit 50°, extreme Kälte im Winter, Stürme und Starkregen sind realistische Prognosen – von den globalen Veränderungen ganz zu schweigen.
Diese düsteren Aussichten sind ein Weckruf an alle, die die Möglichkeit haben, dem Trend entgegenzuwirken. Mehr noch: sie sind der Auftrag, voranzugehen und zu handeln, und zwar unabhängig davon, was andere tun. Dieser Auftrag betrifft vor allem – aber nicht nur – Europa und Deutschland – und wird hier auch durchaus verstanden. Gelingen kann die Mission „Klimawandel stoppen“ aber nur, wenn sich viele Akteure dafür entscheiden, in der Klimaschutz-Liga mitzuspielen. Kommunen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu – auch Verden. Stadt und Landkreis haben gute Voraussetzungen, um Schrittmacher für wegweisenden Klimaschutz zu werden, der sich – als Nebeneffekt – auch wirtschaftlich rechnet. Dies betrifft nicht nur Maßnahmen im direkten Wirkungsbereich der Kommune, sondern auch Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen. Verden ist eine Stadt mit globalen Beziehungen – und mit globaler Verantwortung. Insofern kann Kommunalpolitik auch Weltpolitik sein. Bündnis 90/Die Grünen haben in Wahlprogramm zur Kommunalwahl Vorschläge für eine Klimaschutzstrategie in Stadt und Landkreis gemacht. In den kommenden Monaten wird es darum gehen, dieses Projekt auf den Weg zu bringen. Wir hoffen dabei auf die Unterstützung und Mitwirkung möglichst vieler.
Rasmus Grobe
Ratsmitglied und Stellvertretender Fraktionsvorsitzender
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Verden