Endlich hat ein hochrangiger Wissenschaftler offiziell bestätigt, was viele Bürger schon vermutet haben: Erdbeben in Norddeutschland stehen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in einem direkten Zusammenhang mit der Erdgasförderung. Dies sagte Nicolai Gestermann – ein anerkannter Fachmann der Erdbebenforschung – jetzt auf einer Veranstaltung der Gemeinde Langwedel. Damit wurden die Befürchtungen der Völkerser Bürgerinitiative „No Fracking“ und zahlreicher Bürger, die sich in ganz Niedersachsen zu Initiativen zusammengeschlossen haben, bestätigt. Der Geophysiker belegte seine Ausführungen damit, dass es im norddeutschen Raum keine seismischen Aktivitäten gäbe und die Erdbeben der letzten Jahre ausschließlich in der Nähe von Erdgasförderfeldern aufgetreten seien.
Nach dem Erdbeben Ende November stellen sich viele Menschen die Frage: War das alles oder kann es auch noch viel schlimmer kommen? Schließlich wurde in den letzten 20 Jahren 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas in Völkersen gefördert. Wer trägt die Kosten, wenn Risse in Wänden von Häusern auftreten, Fensterscheiben zu Bruch gehen oder geflieste Flächen reißen? Bislang musste der Hauseigentümer der RWE Dea nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen seinem Schaden und der Erdgasförderung gibt. Teure Gutachten sind vor Gericht notwendig, um den Schaden zu beweisen. Für den Einzelnen ist es sehr schwer, seine Interessen gegen einen Weltkonzern durchzusetzen.
Deshalb ist eine Umkehr der Beweislast notwenig. Da es nun einen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen der Erdgasförderung und den Beben gibt, muss der Verursacher beweisen, dass die Schäden nicht durch die Eingriffe in die Natur entstanden sind. Durch eine Gesetzesänderung auf Landesebene muss das Erdgasförderunternehmen regresspflichtig gemacht werden, wenn es zu Schäden gekommen ist. Zudem muss die staatliche Kontrolle durch eine eigene, unabhängige Instanz geschaffen und verschärft werden, indem z. B. das Umweltministerium und nicht das Wirtschaftsministerium für das Landesbergbauamt zuständig ist.
Man darf die Menschen mit ihren Problemen nicht allein lassen. In Nordrhein-Westfalen gibt es aufgrund des Kohlebergbaus etliche negative Erfahrungen mit Bergbauunternehmen. Dort wurden vom Land Schlichtungsstellen als neutrale Ansprechpartner eingerichtet, die zwischen den unterschiedlichen Interessen vermitteln. Außerdem ist das Fracking in NRW durch ein Moratorium nicht mehr erlaubt.
Nicht auszuschließen ist, dass das Fracking als neue Methode, um an bislang nicht erschlossene Erdgasvorkommen zu gelangen, mit dazu beiträgt, dass die Erdbebengefahr weiter steigt. Schließlich wird nicht nur mit hochgiftigen Flüssigkeiten gearbeitet, sondern auch mit einem sehr hohen Druck von 1.000 bar. Das Gestein wird damit in großer Tiefe aufgebrochen und es kommt zu erheblichen Spannungen in den Erdschichten. Tektonische Spannungen sind letztlich auch die Ursache von Erdbeben.
Es stellt sich die Frage, ob wir mit immer gefährlicheren Technologien das Letzte aus unserer Erde herausholen müssen. Die fossilen Energieträger wie Erdöl, Kohle, Erdgas und Uran gehen zur Neige. Vor dem Hintergrund der schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt und damit auch auf die Menschen müssen wir die Energiewende noch stärker vorantreiben. Der fortschreitende Klimawandel ist ein weiteres Argument für die Energiewende.
Auch im Landkreis Verden können wir mehr tun. Bislang sind beispielsweise nur 0,9% der Fläche unseres Landkreises als Vorranggebiete für große Windräder durch das neue Regionale Raumordnungsprogramm vorgesehen. Das reicht nicht. In Schleswig-Holstein hat die neue rot-grüne Landesregierung 1,8% der Landesfläche für Windenergie geplant. Das ist sehr vorbildlich.
Grundsätzlich wollen wir den Erdgasverbrauch deutlich senken. Statt mit Gas schlecht isolierte Häuser zu beheizen, wollen wir die energetische Gebäudesanierung massiv steigern und mit dem Gas dezentral Strom und Wärme in Kraft-Wärme-Kopplung gleichzeitig erzeugen. Langfristig möchten wir auf den Einsatz von Erdgas ganz verzichten. Unser Ziel ist es, möglichst bis zum Jahr 2040 den Energiebedarf im Gebäude- und Wärmebereich vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken.
Erich von Hofe, Landtagskandidat und Mitglied der grünen Kreistagsfraktion