Helge Limburg (MdL der Grünen) zu Gast beim „allerauto“ in Dörverden-Westen
Rein ins Internet, online buchen, zum Auto radeln oder laufen, mit dem Code freischalten, Stecker raus, einsteigen, losfahren, oder nein, besser losschnurren. Denn viel mehr hört man ja nicht von Elektroautos. So könnte die Mobilität auf dem Lande zukünftig überall aussehen. Zumindest für alle, die nur ab und zu ein Auto brauchen. Dörverden-Westen macht vor, was die Zukunft sein könnte. Davon machte sich jetzt Landtagsabgeordneter Helge Limburg (Bündnis 90/Die Grünen) ein Bild.
Mobil zum kleinen Preis auf dem Land – das ist ein großes Thema. Um die Dörfer Niedersachsens und anderer ländlicher Regionen attraktiv zu erhalten, ist flexible, bezahlbare und ökologisch verträgliche Fortbewegung unabdingbar. Denn der Öffentliche Personennahverkehr – selbst wenn er denn besser würde – wird Flexibilität nicht ausreichend sicherstellen können. Und nicht jeder kann und will sich einen Zweitwagen leisten, ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist das schon gar nicht. Und so war der Termin Limburgs gemeinsam mit Grünen-Kreisvorstandsmitglied Doris Gerken am Carsharing-Standort der „allerautos“ in der LEADER-Region Aller-Leine-Tal hochinteressant. Hier nämlich funktioniert es schon sehr gut, flexibel einkaufen zu fahren, Arzttermine wahrzunehmen oder umweltverträglich eine Sonntagsspritztour zu unternehmen.
Über 80 registrierte Nutzer hat die E-Mobilität im Carsharing-Projekt „allerauto“ schon nach gut einem Jahr. „Für 3,5 Euro pro Stunde ist ein Auto zu buchen“, erzählt Corbinian Schöfinius von der Regional- und Energiegenossenschaft Aller Leine Weser eG mit Sitz in Westen, die das Projekt ins Leben gerufen hat. Das mit LEADER-Mitteln und mit Geldern aus dem Bundesprogramm „Elektromobilität vor Ort“ geförderte Projekt hat eine Förderzusage für derzeit fünf Autos, von denen bislang – ganz regulär nach Ausschreibung – vier angeschafft wurden. „Bislang betreiben wir zwei Standorte, seit Sommer 2018 in Westen und seit Ende 2018 einen in Schwarmstedt. An beiden stehen jeweils ein Renault ZOE, mit dem maximal fünf Menschen unterwegs sein können, und ein 7-sitziger Nissan EVALIA. Die Mietkosten für beide Wagen sind gleich“, so Schöfinius. „Grandios“, sagt Limburg, „für 3,50 Euro die Stunde können also bis zu sieben Menschen auf Tour gehen. Unschlagbar günstig.“ Vorstandsmitglied Schöfinius ergänzt: „Wer einen ganzen Tag los will, bezahlt für 24 Stunden nur 35 Euro.“

Die nicht zuletzt durch die gute Förderung so attraktive Individualmobilität hat in Schofinius Augen aber noch ganz andere Pluspunkte. „Wir sparen Ressourcen, da ein Carsharing-Auto auf dem Land derzeit acht Privatwagen ersetzen kann. Das wir dann auch noch e-mobil sind mit Ökostrom, das hätten wir uns einzeln auch nicht leisten können. Zudem überlegt man sich schon, ob der eine oder andere Weg nicht doch mit dem Rad zu meistern ist.“
Wer das Carsharing nutzen will, muss sich einmal anmelden und zahlt einen Monatsbeitrag von 5 Euro. Neben dem Stundenpreis fürs Auto fallen – im Unterschied zu normalen Mietautos – keine Kosten mehr an, weder für den gefahren Kilometer noch für den Strom. „Das Laden vor Ort am Standort ist im Preis inbegriffen. “, so Schöfinius. Der Ökostrom kommt derzeit von den bürgergenossenschaftlichen Elektrizitätswerken Schönau. „Nur wer unterwegs laden muss, was so gut wie nie vorkommt bei Reichweiten bis 300 Kilometern, der kann mit der im Auto liegenden Ladekarte überall Strom beziehen. Dann kostet eine Ladefüllung so rund 10 Euro, die wir in Rechnung stellen. Das ist aber in einem Jahr gerade dreimal pro Auto der Fall gewesen.“
Für Helge Limburg hat das Projekt Zukunft, er wünscht sich solche niederschwelligen Mobilitätsangebote überall im niedersächsischen ländlichen Raum. „Klar, wenn man es kopieren will jenseits des EU-geförderten LEADER-Projektes, dann wird es vielleicht teurer. Dafür aber muss man das Rad auch nicht neu erfinden. Sicher gibt es Möglichkeiten, von den Erfahrungen zu profitieren, gute Software fertig zu kaufen und viele Kinderkrankheiten zu überspringen.“
„Auch wir mussten uns von einigen Träumen schon verabschieden“, sagt Schöfinius schmunzelnd. „Die Teilnahme am Projekt, wenn man nicht online buchen kann, bleibt schwierig. Per Telefon ist der Aufwand unverhältnismäßig, das gesamte Projekt wird ehrenamtlich getragen.“ Vanessa Koch, Nutzerin des Carsharing-Angebotes aus Hülsen, weiß aber, dass die Absprachen untereinander besser werden. „Es bilden sich immer mehr Fahrgemeinschaften, die man zum einen auf der Onlineplattform anbieten kann, die aber auch per Mundfunk zustande kommen, so dass auch Menschen ohne Internetzugang zumindest mitgenommen werden können.“ Auch an ehrenamtlichen Fahrdiensten, die Menschen chauffieren, die nicht selbst fahren können, wird noch gebastelt. „Dafür brauchen wir dann aber eher wieder so was wie ein schwarzes Brett. Aber das wird schon“, ist Koch überzeugt.
Viele Ideen muss man zudem nicht selbst entwickeln. „Auch andere Bundesländer und Regionen schlafen in Sachen Mobilität auf dem Land ja nicht. In Schleswig-Holstein gibt es beispielsweise das Dörps-Mobil“, weiß Schöfinius, mit dem man flächendeckend die Orte mit E-mobilem Carsharing versorgen will. „Die haben dafür extra auf Landesebene eine Koordinierungsstelle eingerichtet. Denn viele Projekte – auch in Niedersachsen – scheitern ja oder entwickeln sich zumindest nur schlecht weiter, weil zwar Fördermittel immer für Konzepte und manchmal auch für Anschaffungen bereitgestellt werden, aber so gut wie nie mal Geld, um Arbeitskraft zu finanzieren.“ Große Projekte lassen sich aber oft nicht ausschließlich im Ehrenamt stemmen.
Das weiß auch der Grüne Politiker Limburg und nahm die Idee der Einrichtung einer Koordinierungsstelle für Mobilität im ländlichen Raum mit nach Hannover.
Die EU-geförderte LEADER-Region Aller-Leine Tal umfasst einen Landschaftsstreifen entlang der Aller ab südlich von Verden bis kurz vor Celle, und damit auch einen großen Teil samt Mündungsbereich der Leine. Zu den Handlungsfeldern gehören die Entwicklung innovativer Wohnideen für alle Generationen, Impulsprojekte zum Klimaschutz mit Fließwasserwärme, Erdwärme, Sonne und Wind, sanfter Tourismus und ländliche Infrastrukturprojekte.