Es liegen Antworten von drei der vier angeschriebenen Bundestagsabgeordneten vor:
- Katja Keul, B90/Grüne, hat gegen den Gesetzesentwurf gestimmt
- Christina Jantz, SPD (war bei Abstimmung nicht anwesend)
- Herbert Behrens, Die Linke, hat gegen den Gesetzesentwurf gestimmt
Andreas Mattfeld, der für den Gesetzesentwurf gestimmt hat, hatte keine Antwort geschickt.
Die Antworten finden sie unter dem ‚weiterlesen‘ Tag.
Katja Keul, B90/Grüne:
Lieber Frank Peter,
Du hast ja von meinem Regionalbüro meine Einschätzung zugeschickt bekommen. Genauso habe ich – in Deinem Sinne – abgestimmt.
Herzliche Grüße,
Katja
Christina Jantz, SPD:
Sehr geehrter Herr Seemann,
vielen Dank für Ihre E-Mail zum geplanten Mandat „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS“.
Natürlich blicke auch ich mit großer Sorge auf die Lage in Syrien. Viele Bürgerinnen und Bürger schreiben mir und schildern ihre Ängste vor einem militärischen Engagement der Bundeswehr in diesem Konflikt.
Um die Ausbreitung des IS und seines grausamen Terrors zu stoppen, müssen wir alle Instrumente des staatlichen Handelns nutzen – wirtschaftliche Isolation des IS, diplomatische und leider auch militärische Maßnahmen.
Insbesondere unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich seit seiner Amtsübernahme für eine politische Lösung mit ganzer Kraft eingesetzt. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung (Konferenzen in Wien) haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg.
Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels.
Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrienkonfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers.
Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert.
Trotz der großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe IS haben hat die SPD-Bundestagsfraktion nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen.
Diese Zustimmung fällt sicherlich niemandem leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als ein Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Der Einsatz von militärischen Mitteln muss nämlich in eine sinnvolle Gesamtstrategie einbettet werden. Mit dem Wiener-Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen.
Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „Ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen.
Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250.000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen.
In Anbetracht der über 6 Millionen Binnenflüchtlinge und über 4 Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für Humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Nun ist es wichtig, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken.
Sie sehen, dass mir die Positionierung und der Abwägungsprozess nicht leichtgefallen sind. Im Übrigen werde ich auf Grund meiner Mutterschutzzeit nicht persönlich an der Abstimmung teilnehmen können, vertraue jedoch auf das Urteilsvermögen meiner Kolleginnen und Kollegen.
Mit freundlichen Grüßen
Christina Jantz, MdB
Herbert Behrens, Die Linke:
Lieber Frank-Peter Seemann,
wer Solidarität üben will mit dem französischen Volk, der muss auch Hollande auffordern, seinen abenteuerlichen Kriegskurs sofort zu stoppen.
Gerade hieß es in einer Rede, die Freundschaft mit Frankreich gebiete es, in den heißen Krieg einzusteigen. Welch ein Unsinn. Ich verweigere mich dem Denken, Krieg und Terror mit Krieg bekämpfen zu wollen. Ich werde auch mit Nein stimmen, wenn das BVerfGericht sein o.K. gäbe.
Lasst uns zusammen mit anderen FriedensfreundInnen aktiv werden.
Solidarische Grüße
Herbert Behrens