Bei seinem Beschluss zur „nachhaltigen Grundwasserbewirtschaftung“ hat der Trinkwasserverband (TV) die Rechnung offenbar ohne die Umweltverbände gemacht. Nabu und BUND erklärten kürzlich, nicht in den „moderierten öffentlichen Arbeitskreisen“ mitwirken zu wollen, solange vom TV eine Verringerung der Fördermenge kategorisch ausgeschlossen wird. Zuvor hatten Kreistag und mehrere Gemeinderäte ein Reduzierungskonzept für die nächsten 30 Jahre gefordert mit dem Ziel, den Halsebach als Fließgewässer wiederherzustellen. Doch die Verbandsversammlung des TV hatte hierfür kein offenes Ohr. Die bisherige Förderpraxis für Panzenberg soll fortgesetzt, somit sollen Schäden des Halsebachs, des Bettenbruchgrabens und des Holtumer Moors weiterhin akzeptiert und lediglich durch Ausgleichszahlungen bzw. Anpflanzungen an anderen Stellen „kompensiert“ werden. Die „Nachhaltigkeit“ dieses Konzeptes, das nicht die Vermeidung von Umweltschäden sondern nur deren Ausgleich zum Ziel hat, ist – gelinde gesagt – Etikettenschwindel.
Warum? – Nachhaltigkeit in der Wasserwirtschaft bedeutet laut Umweltbundesamt nicht nur die Erhaltung als Ressource für die jetzigen und nachfolgenden Generationen. Nachhaltigkeit heißt auch, Wasser als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern und langfristig zu schützen und eine dauerhaft naturverträgliche, wirtschaftliche und soziale Entwicklung sicherzustellen. Der TV jedoch hat das Gebot der Naturverträglichkeit bisher nicht nur ignoriert – ein Zusammenhang der Umweltschäden mit der Wasserförderung wurde bis vor kurzem sogar noch energisch bestritten.
Somit wurden in den vergangenen Jahren wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen trotz zahlreicher Warnungen der Umweltverbände und der BI „Rettet das Halsetal“ zerstört. Das Ausmaß der Schäden ist in dem über 1500 Seiten starken Gutachten des Hydrogeologen Dr. Schmidt und Prof. Dr. Kaiser nachzulesen. Ursache für die Schäden ist der stark gesunkene Grundwasserspiegel. Eine Verbesserung des ökologischen Zustands der wassergebundenen Biotope kann nur erreicht werden, wenn weniger Grundwasser entnommen wird als neu gebildet werden kann. Als Folge würde der Grundwasserspiegel zunächst in den Randbereichen des Fördergebietes wieder steigen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine deutliche Reduzierung der Fördermenge.
Warum jedoch spielten die Feststellungen des Experten Dr. Schmidt in der Verbandsversammlung des TV keine Rolle? Offenbar hatten TV und Bürgermeister eher die wirtschaftliche Nachhaltigkeit im Auge. Der TV macht 10 Mio. € Umsatz pro Jahr, die Gemeinden freuen sich über einen fünfstelligen Betrag. Auch Bremen profitiert: Pläne zur Erhöhung der Fördermenge im Wasserwerk HB-Blumenthal scheiterten 2008 am Widerstand der Industrie. Auch für die geplante Kompensation der Schäden muss Bremen nichts bezahlen. Man gehe davon aus – so der Bremer Senat – dass die Fördergenehmigungen so erteilt wurden, dass ökologische und bauliche Schäden ausgeschlossen werden. Daher enthalte der Liefervertrag auch keine Vereinbarung zur Finanzierung von Ausgleichsmaßnahmen. Wer also bezahlt dafür? Die Verbraucher – die sich dagegen nur durch konsequentes Wassersparen wehren können.
Unbestritten ist die Versorgung mit Trinkwasser als Menschenrecht besonders schützenswert. Es geht auch nicht darum, die Wasserlieferung nach Bremen komplett einzustellen, wie es vom TV gerne als Killerargument angeführt wird. Im Bremer Umweltressort ist man sich dieser Problematik bewusst und nennt mit der Stadt Delmenhorst selbst einen potenziellen Lieferanten für die Zukunft, zumal Delmenhorst über Umweltprobleme aufgrund eines zu hohen Grundwasserspiegels klagt.
Wenn es dem TV mit der Nachhaltigkeit wirklich ernst gewesen wäre, dann hätte er den Liefervertrag mit Bremen gekündigt, um überhaupt eine vertragliche Grundlage zu schaffen, auf deren Basis über eine reduzierte Wasserlieferung ab 2023 verhandelt werden kann. Noch ist es dafür nicht zu spät.
Petra Krüler
Kreistagsabgeordnete
Mitglied im Wasser-, Energie- und Abfallausschuss