Anfang dieser Woche ist Margarete Harms gestorben – im gesegneten Alter von 104 Jahren. Margarete Harms war nicht nur Mitbegründerin der Verdener Grünen, sondern über viele Jahre ihres langen Lebens eine mutige und oft unbequeme Bürgerin, die sich für Frieden, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit engagierte – und dies mit großer Ausdauer und Entschlossenheit.
1970 ging sie gegen das damals in Lichtenmoor geplante Atommüllager auf die Straße (das dann nicht hier, sondern in Gorleben vorangetrieben wurde). Noch mit 78 Jahren beteiligte sie sich an einer gewaltfreien „Senioren-Blockade“ vor dem Pershing II- Depot in Mutlangen – bei der anschließenden Gerichtsverhandlung sagte sie: „Wir alten Leute haben zwei Weltkriege und ihre Folgen erlebt. Jetzt gilt es, endlich aufzuwachen. Dafür ist es nie zu spät!“ Noch im Alter von 81 Jahren gehörte sie ab 1989 für zwei Jahre dem Verdener Stadtrat an. Mit 88 Jahren gründete sie die Bosnienhilfe mit. 2001 wurde sie für ihr Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.
Als sich vor zwei Jahren die Nuklearkatastrophe von Fukushima ereignete, nahm auch Margarete Harms in Verden an der Mahnwache für die Opfer und für einen schnellen Atomausstieg teil. Die Begegnung mit ihr aus diesem Anlass war für mich persönlich sehr bewegend und ich empfand die Anwesenheit dieser alten Dame wie eine Ermutigung und Mahnung zugleich, wie ein ungesagtes „Ihr seid dran! Gebt nicht auf“.
Insofern hat mich der Tod unserer Mitbürgerin nicht nur traurig, sondern auch nachdenklich gemacht: wie viele Menschen wagen es heute, mit Mut und Entschlossenheit für Werte und Überzeugungen aufzustehen? Und wie sähe unsere Welt, unser Land und auch unsere Stadt heute aus, hätte es nicht Menschen – und Bewegungen – gegeben, die vieles von dem erkämpft haben, was heute mitunter so selbstverständlich erscheint? Arbeiterrechte, Frauenrechte, Umweltschutz, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, Energiewende, (ganz anders, aber aktuell): die Regulierung des Finanzkapitals… die Liste ließe sich lange fortsetzen – immer war es das lange, oft belächelte und viel häufiger mit Vehemenz bekämpfte Engagement von Menschen für eine andere, menschlichere und lebenswertere Welt, ohne welches es diese Veränderungen nicht gegeben hätte – und die dafür nur selten Dank erfahren.
Margarete Harms gehörte zu diesen Menschen. Und sie war ein besonderer Mensch. Sie wird uns fehlen.
Rasmus Grobe
stellvertretender Fraktionsvorsitzender
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
im Rat der Stadt Verden