Ist das neue Modell der Oberschule die zukunftsweisende Antwort zur bisher heftig geführten Schulstrukturdebatte und geeignet verlässlich Ruhe in die niedersächsische Schullandschaft zu bringen?
Die Forderung des Landeselternrats nach einem tragfähigen Schulkonsens über die nächste Landtagswahl hinaus findet eine breite Unterstützung unterschiedlichster Bildungsakteure, des Städte- und Gemeindebundes sowie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.
Der niedersächsische Kultusminister Dr. Bernd Althusmann setzt für die CDU/FDP-Landesregierung auf ein Zwei-Säulenmodell. Das Gymnasium mit dem Turbo-Abitur nach 12 Jahren bleibt unangetastet. Daneben soll es unter dem neuen Namen Oberschule eine Zusammenfassung von Haupt- und Realschule geben, ergänzt um einen gymnasialen Zweig. Kritiker halten dem entgegen, dass sich hinter der Benennung „Oberschule“ eine seit langem bestehende, quasi baukastenmäßig sich zusammensetzende Schulform, die Kooperative Gesamtschule, verbirgt.Bündnis 90/Die Grünen teilen den seit langem andauernden Protest des Landeselternrats zur Ungleichbehandlung bei der Einrichtung von Integrierten Gesamtschulen und zukünftigen Oberschulen als Regelschulen. Für die Bildung von Integrierten Gesamtschulen, IGS`n, wird trotz allgemein zurückgehender Schülerzahlen auf Grund des demografischen Wandels von der Fünfzügigkeit nur eingeschränkt abgesehen, während Oberschulen zwei- bzw. bei Aufnahme eines gymnasialen Zweigs dreizügig angeboten werden sollen. Zudem ist für die Oberschule eine deutlich bessere Ausstattung vorgesehen, die die ideologisch motivierte Ungleichbehandlung weiter manifestiert (erweitertes Ganztagsangebot, sozialpädagogische Betreuung, kleinere Klassen). Die Landesregierung möchte insbesondere in ländlichen Gebieten mit der Oberschule ein attraktives Angebot zum Erhalt von Schulstandorten machen. Dieses Angebot geht ganz bewusst auf Kosten der von Elterninitiativen gewünschten Integrierten Gesamtschulen und ist gleichzeitig eine Absage an eine veränderte Lernkultur, die geprägt ist durch ein Miteinander in integrativen Lernprozessen. Die Herausforderungen der Zukunft liegen in einer Pädagogik der Vielfalt. Die derzeit größte pädagogische und gesellschaftliche Aufgabe besteht in der Umsetzung der Inklusion auf allen Ebenen. Der Verdener Kita-Bereich geht beispielgebend voran. Inklusion ist inzwischen rechtsverbindlich und einklagbar. Für den schulischen Bereich bedeutet dieses, dass alle Kinder, gleich welcher Herkunft, welcher Kultur und Nationalität, welcher Religion, welchen Geschlechts, ob behindert oder nicht, gemeinsam vor Ort ihre Schule besuchen. Abkehr genommen werden muss von einer Aussonderungs- und Abschulungspraxis. Es gilt alle Kinder willkommen zu heißen, im Sinne einer wertschätzenden Haltung und Annahme. Die Regelschullehrkräfte werden in dieser Arbeit von FörderschullehrerInnen unterstützt. Umfassende Lehrerfortbildungen für eine veränderte Pädagogik sind geplant und erforderlich, um auf hohem differenzierendem Niveau arbeiten zu können. Für die geplanten Oberschulen lässt sich feststellen, dass Inklusion auf Grund der Aufteilung in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik nicht gelingen kann, denn auch die Realschüler und potentiellen Abiturienten sind in den inklusiven Prozess einzubeziehen. Der Etikettenschwindel ist erkannt. Die politische Forderung von Bündnis 90/Die Grünen lautet, Gleichbehandlung der IGS`n, Abitur nach Klasse 13 an IGS`n und Oberschulen sowie eine Reform der Gymnasien.
Bärbel Rater, Ratsmitglied Stadtrat Verden, Bündnis 90/Die Grünen